Leiharbeit als einzige Alternative in der Pflege?

Mit einer Sonderauswertung der Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ setzt das IAT Impulse für Strategien zur Fachkräftesicherung in Nordrhein-Westfalen

Die Fachkräftesicherung in der Pflege ist die zentrale Herausforderung für Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste. Aktuelle Sekundärdatenanalysendes im Wissenschaftspark Gelsenkirchen ansässigen Instituts Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule Gelsenkirchen) legen den Fokus auf die Entwicklung von Leiharbeit in der Pflege in Nordrhein-Westfalen (NRW) und auf Präferenzordnungen beruflich Pflegender in Teilzeitbeschäftigung zur Erschließung von Erwerbspersonenpotenzialen.  

In NRW waren im Jahr 2021 über die verschiedenen Settings insgesamt 10.303 Leiharbeitnehmer:innen mit Pflegeberuf beschäftigt. Zwischen 2017 und 2021 ist die absolute Zahl der Leiharbeitnehmer:innen mit Pflegeberuf in NRW und auf Bundesebene gestiegen. Der Anteil der Leiharbeitnehmer:innen an allen Beschäftigten mit Pflegeberuf ist jedoch bundesweit zurückgegangen und in NRW leicht gestiegen. Der Anstieg der Leiharbeit konzentrierte sich dabei insbesondere in den ambulanten Diensten bei den Leiharbeitnehmer:innen mit Teilzeitbeschäftigung. Doch statt einer Debatte, die den Fokus primär auf die Regulierung von Leiharbeit richtet, ist es zielführender, ungenutzte betriebliche Spielräume für eine Erhöhung des Erwerbspersonenpotenzials zu thematisieren. 

In der Sonderauswertung der Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ für NRW wurde untersucht, wie ausgeprägt die Bereitschaft von Pflegenden in Teilzeitarbeit (n=785) für eine Aufstockung von Arbeitsstunden ist, welche Arbeitsbedingungen hierfür vorliegen müssten und welches Erwerbspersonenpotenzial sich hieraus berechnen lässt. „Ca. 39,04 % (konservatives Modell) bis 78,09 % (optimistisches Modell der befragten Teilzeitpflegekräfte der Kranken- und Langzeitpflege in NRW würden ihre Arbeitszeit bei den für sie richtigen Arbeitsbedingungen im Median um 10 Wochenstunden ausweiten.“, so Julia Lenzen, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsschwerpunkt Arbeit und Wandel. Wird die Bereitschaft zur Stundenerhöhung sowie der gewünschte Stundenumfang der befragten Teilzeitpflegekräfte auf die Pflegekräfte der Langzeit- und Krankenpflege in NRW übertragen, so lässt sich das Pflegekräftepotenzial für NRW auf 20.517 bis 41.039 Vollzeitäquivalente schätzen. 

Für die Aktivierung dieser Bereitschaft zur Aufstockung von Arbeitsstunden und zur Verhinderung der Abwanderung in die Leiharbeit kommt es jedoch darauf an, dass die Arbeitsbedingungen den Präferenzen der Beschäftigten entsprechen: Die Förderung einer fairen und interessenausgleichenden Teamkultur, laufbahnorientierte Führungs- und Weiterbildungskonzepte ebenso wie eine verlässliche Arbeitszeitgestaltung haben bei den Beschäftigten eine hohe Präferenz. „Präferenzordnungen werden durch Teamkulturen und Arbeitsbedingungen beeinflusst und können sich im berufsbiographischen Verlauf verändern. Angesichts des Generationenwandels in der Pflege ist es für Einrichtungen, Führungskräfte und betriebliche Interessenvertretungen wichtig, sich intensiver mit den Präferenzrelationen der Beschäftigten zu befassen “, so wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsschwerpunkt Arbeit und Wandel. So wird deutlich, dass Krankenhäuser, Pflegeheime und –dienste mit betrieblichen Maßnahmen entscheidend zur Attraktivität des beruflichen Umfelds beitragen können. Dazu gehört auch, pflegefachliche Spezialisierung und Verantwortungsübernahme als Maßnahme zur Fachkräftesicherung zu fördern. 

> Webseite des IAT

(Quelle: Pressemeldung des IAT vom 10. August 2023)

< zurück

Newsletter abonnieren