Keine „PILLS" im Abwasser!

Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf - Internationale Konferenz im Wissenschaftspark Gelsenkirchen

19.11.2008 (Presseinformation der Emschergenossenschaft)  

Unter dem Motto „PILLS" (Pharmaceutical input and elimination from local sources; auf Deutsch: Eintrag und Beseitigung von Arzneimittelrückständen aus Punktquellen) treffen sich heute rund 100 Teilnehmer aus sechs europäischen Ländern im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Projektleitung und Geschäftsführung des EU-Projektes liegen bei der EMSCHERGENOSSENSCHAFT.

 

„Zur Vorsorge müssen wir den Eintrag von Spurenstoffen ins Wasser verringern. Viele Menschen sind zunehmend besorgt. Wissenschaftler versichern uns in aller Regel, dass die Menge der Rückstände im Trinkwasser gegenwärtig nicht als besorgniserregend für die menschliche Gesundheit gilt.

Doch wir wissen heute noch viel zu wenig über diese Spurenstoffe, über Abbauprodukte und Stoffströme von Arzneimitteln", erklärte Dr. Jochen Stemplewski, Vorstandsvorsitzender der EMSCHERGENOSSENSCHAFT, zum Auftakt der Konferenz. „Das ist für uns Partner die Motivation für die Zusammenarbeit, denn diese Fragen können heute nicht mehr nationalstaatlich gelöst werden" so Stemplewski weiter.

PILLS im Wasser

Das PILLS-Projekt widmet sich besonders der Frage nach den Wegen auf denen die Arzneimittelrückstände in den Wasserkreislauf gelangen. Es geht hierbei vielmehr darum, diese Wege nachzuvollziehen und bereits dort den Eintrag der Arzneimittelrückstände zu verhindern wo er beginnt: z.B. in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Weiterer wichtiger Projektteil ist die Notwendigkeit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit, damit Arzneimittel von den Patienten ordnungsgemäß bei Ärzten und Apothekern entsorgt, statt einfach nur per Druck auf die Toilettenspülung entfernt werden.

Viele Spurenstoffe werden in bestehenden Kläranlagen weitgehend zurückgehalten, andere wiederum lassen sich mit der etablierten Technik nur bedingt oder gar nicht aus dem Abwasser entfernen. Deshalb schließt sich eine ausschließliche Fokussierung auf abwassertechnische Maßnahmen aus. Für eine nachhaltige Reduzierung der Einträge in die Gewässer müssen der gesamte Lebenszyklus der Stoffe von der Produktion über die Verwendungsstellen und Einsatzgebiete bis zur Entsorgung betrachtet werden.

PILLS und Emscher

Die Emschergenossenschaft wird im Rahmen des PILLS-Projektes mit dem Marienhospital (ca. 560 Betten) in Gelsenkirchen kooperieren. Hier soll im Rahmen eines großtechnischen Versuches zur dezentralen Behandlung des Abwassers der Eintrag von Arzneimittelrückständen deutlich vermindert werden. Die Inbetriebnahme ist für Mitte 2010 geplant.

PILLS und Partner

Sechs Partner aus sechs Europäischen Staaten arbeiten im Rahmen des PILLS-Projekts zusammen:

• Deutschland - Emscherge-nossenschaft

• Frankreich – Université de Limoges

• Großbritannien – Glasgow Caledonian University

• Luxemburg – Centre de Recherche Public, Henri Tudor (öffentlich-rechtliches Forschungszentrum)

• Niederlande – Waterschap Groot Salland (öffentlich-rechtlicher Wasserverband)

• Schweiz – Eawag (öffentlich-rechtliche Forschungseinrichtung)

Eine Besonderheit des PILLS-Projektes ist die Tatsache, dass alle Partner öffentliche Institutionen sind, deren Interesse nicht kommerziell, sondern auf ökologische und soziale Verbesserungen ausgerichtet ist:

Zentrales Thema der beiden Forschungseinrichtungen aus Luxem-burg und der Schweiz ist die getrennte Behandlung von Abwasserströmen aus einzelnen Krankenhausabteilungen.

Mit der Erforschung unterschiedlicher Herkunftsarten von Arzneimittelrückständen im Abfluss befassen sich zwei - noch junge - Universitäten aus Schottland und Frankreich.

Die regionale Verantwortung für die Abwasserreinigung und die Gewässerunterhaltung sind die Motiviation für die beiden Wasserwirtschaftsverbände aus Deutschland und den Niederlanden.

Das PILLS-Projekt hat eine Laufzeit bis Dezember 2011 und ein Budget von ca. 8 Mio. Euro. Die Hälfte davon steuern die Partner bei, die andere Hälfte kommt von der EU und wird im Rahmen des INTERREG IV B-Programms der Europäischen Union gefördert.

Mehr zu PILLS auch im Internet unter: www.pills-project.eu

Hintergrundinformationen.

Bei EMSCHERGENOSSEN-SCHAFT und LIPPEVERBAND ist das PILLS-Projekt Teil eines großen Maßnahmenpaketes in Sachen Spurenstoffe. Wichtige Eckpunkte sind hier die Sensibilisierung der Mitglieder und der breiten Öffentlichkeit sowie der Bau und Betrieb von Pilotanlagen:

• Versuche verschiedener Behandlungsverfahren am Standort der Kläranlage Bottrop (Adsorption an Aktivkohle und verschiedene Oxidationsverfahren; Projekt im Auftrag des Umweltministeriums NRW wird bis Ende 2008 abgeschlossen)

• Großtechnische Versuche an einer Membranbelebungsanlage auf der Kläranlage Hünxe (im Zuge der Erweiterung von 8.500 auf 17.000 EW; Inbetriebnahme Oktober 2009 geplant).

• Großtechnische Versuche an einer Ozonisierungsanlage auf der Kläranlage Bad-Sassendorf (13.000 EW; Inbetriebnahme Oktober 2009 geplant).

 

 

 

PILLS und Welttoilettentag

Der 19.11. als Tag der Auftaktkonferenz für PILLS ist ein spezieller Jahrestag für ein besonderes Thema: Der „Welttoilettentag".

Die Vereinten Nationen unterstützen diesen Thementag seit seiner ersten Verkündung am 19. November 2001 durch die „Welttoilettenorganisation".

Dadurch soll auf den Missstand aufmerksam gemacht werden, dass mehr als 40 % der Weltbevölkerung in unzureichenden hygienischen Verhältnissen leben und keine nachhaltige Entsorgung haben.

Europa kommt in der Welt eine wichtige Aufgabe zu, wenn es um die Entwicklung von Strategien und Technologien für die Verbesserung der Entsorgung geht. Insofern decken sich die Ziele von PILLS sehr gut mit denen eines solchen Thementages.

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