Initiative „Klimahafen Gelsenkirchen“ startet Reallabor für Klimaneutralität

Ideale Voraussetzungen: Wasserstoffpipelines schon da – Energieintensive Industrien wollen umstellen – Guter Standort für LKW-Tankstelle

Offizieller Auftakt für die Initiative "Klimahafen Gelsenkirchen" Mitte Juli 2021 mit Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge. Rechts neben ihr: Lars Baumgürtel, Sprecher der neuen Initiative, und Dr. Jochen Grütters, Leiter des Standorts Emscher-Lippe der IHK Nordwestfalen. Links: Wolfgang Jung, Geschäftsführer Wissenschaftspark Gelsenkirchen GmbH und Koordinator der Initiative im Auftrag der Gelsenkirchener Wirtschaftsförderung. Foto: Wissenschaftspark

Im Stadthafen Gelsenkirchen kreuzen sich die Wege des Güterverkehrs und der Energie. Hier werden Güter vom Schiff auf den LKW umgeschlagen, zahlreiche Gaspipelines verlaufen durch das Gewerbegebiet und viele energieintensive Betriebe haben hier ihren Sitz. Jetzt haben sich führende Unternehmen aus dem Stadthafen, verstärkt durch weitere Organisationen aus der Stadt, zur Initiative „Klimahafen Gelsenkirchen“ zusammengeschlossen. Ihr Ziel: So schnell wie möglich klimaneutral werden und die Transformation der Wirtschaft mit Pilotprojekten und gemeinsamem Engagement für geeignete Rahmenbedingungen vorantreiben. Oberbürgermeisterin Karin Welge begrüßt die Initiative: „Der Klimawandel erfordert einen beschleunigten und umfassenden Umbau in Wirtschaft und Gesellschaft. Mein besonderes Anliegen ist dabei die Unterstützung der mittelständischen Industrie. Der konsequente Einsatz von Wasserstofftechnologien kann zu einem Markenzeichen Gelsenkirchens und des nördlichen Ruhrgebiets werden. Ich freue mich sehr über Unternehmen aus unserer Stadt, die hier beherzt vorangehen.“

Lars Baumgürtel, Sprecher der neuen Initiative, betont die Rolle der mittelständischen Industrie für die Transformation: „Der produzierende Mittelstand steht als „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ nicht nur für Innovation und Arbeitsplätze. Er ist auch ein Schlüsselsektor für das Gelingen der Energiewende.“ Der geschäftsführende Gesellschafter der ZINQ-Gruppe, deren Wurzeln in Gelsenkirchen in das Jahr 1889 zurückreichen, schätzt, dass die Umstellung der Prozesswärmegewinnung in vier an der Initiative beteiligten Betrieben rund 8.000 Tonnen CO2 pro Jahr an Treibhausgasemissionen einsparen könnte – das entspricht etwa den heizungsbedingten CO2-Emissionen von rund 2.000 Einfamilienhäusern. Dieser bedeutsame Beitrag zum Klimaschutzkäme kommt durch die Nutzung eines wasserstoffreichen Energiegases der Uniper Energy Sales zustande, das als Nebenprodukt in der Kokerei Prosper in Bottrop entsteht und bereits zu 60 % aus Wasserstoff besteht. Um das Gas nutzen zu können, müssen die Betriebe Brennertechnologie, Leitungen und Steuerungen umrüsten. Die erforderlichen Investitionen gehen bis in den siebenstelligen Bereich – Unternehmen wie Zinq (Feuerverzinkung) und Trimet (Aluminium-Recycling) streben deshalb eine Förderung aus dem Bundesprogramm „Dekarbonisierung der Industrie“ an.

Der kurzfristige Umstieg auf das Energiegas soll gleichzeitig den Übergang zu grünem Wasserstoff erleichtern, der mit Umsetzung des Projekts „GetH2 Nukleus“ per Pipeline von Lingen in Niedersachsen ab 2024 nach Gelsenkirchen strömen wird. Anlagentechnik und Gasleitungen würden nämlich bereits jetzt auf 100% Wasserstoff („H2-ready“) ausgelegt. „Die Betriebe im Stadthafen rüsten sich technisch für die Nutzung grünen Wasserstoffs. Deshalb wollen wir, dass der gesetzliche Rahmen und die Förderregime so justiert werden, dass seine Nutzung in mittelständischen Produktionsbetrieben auch wirtschaftlich darstellbar wird“, erläutert Baumgürtel ein zentrales Anliegen der Initiative. Durch die Umstellung auf grünen Wasserstoff könnten die mit Prozesswärme verbundenen CO2-Emissionen in den vier Betrieben um weitere 23.000 Tonnen praktisch auf null gesenkt werden.

Auch Dr. Jochen Grütters, Leiter des Standorts Emscher-Lippe der IHK Nord Westfalen, befürwortet die Initiative. „Der Stadthafen Gelsenkirchen könnte eines der ersten Gewerbegebiete mit Anbindung an die grüne Wasserstoffinfrastruktur werden und damit für Bestandskunden wie Neuansiedlungen an Attraktivität gewinnen“. Zentral im Ruhrgebiet und gut angebunden an das Autobahnnetz mit ohnehin hohem LKW-Umschlag könnte der „Klimahafen Gelsenkirchen“, der vom Gelsenkirchener Wirtschaftsdezernenten, Dr. Christopher Schmitt angeregt worden war, zudem ein idealer Standort für eine trimodale Wasserstofftankstelle sein. Hier könnten neben LKW und Güterloks zukünftig auch Schiffe grünen Wasserstoff beziehen.

Insgesamt haben sich die folgenden Unternehmen, die im Gebiet rund um den Stadthafen sitzen oder tätig sind, der Initiative bereits angeschlossen: Arcelor Mittal, Arsol Aromatics, Avangard Malz, Ball Beverage Packaging, BP, Gelsen-Log, Mühle Rüningen Stefan Engelke,Müller’s Mühle, RK Verpackungssysteme, Schmitt Stahlbau,Trimet, Uniper und Zinq. Weitere interessierte Unternehmen sind herzlich eingeladen, dazu zu stoßen. Bei dem Erfahrungsaustausch und der Planung weiterer Maßnahmen soll es dabei zukünftig nicht nur um Prozesswärme und Wasserstoff gehen, sondern um den gesamten CO2-Fußabdruck der Unternehmen – inklusive der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten.

Die Initiative wird vom Wissenschaftspark Gelsenkirchen im Auftrag der Wirtschaftsförderung Gelsenkirchen koordiniert.

> Weitere Informationen www.klimahafen-gelsenkirchen.de.

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Der Stadthafen in Gelsenkirchen könnte eines der ersten Gewerbegebiete mit Anbindung an die grüne Wasserstoffinfrastruktur werden. Foto: Julian Schäpertöns

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