Altersbilder in der Rockmusik

IAT-Studie untersucht gesellschaftliche und individuelle Vorstellungen vom Alter(n)

Foto: IAT

Etliche alte Rockstars aus den 1970ern rocken immer noch die Bühne. Sie präsentieren sich fit und erfolgreich, keine Spur von Gebrechlichkeit oder Krankheit. Ihre Songs sprechen oft allerdings eine andere Sprache: „Hope I die before I get Old.!“ 50 Jahre später hat sich mit dem demografischen Wandel auch die negative Sicht auf das Alter gewandelt – und zwar durchaus zum Positiven. Eine aktuelle Untersuchung aus dem Institut Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule) verfolgt den Diskurs zu gesellschaftlichen und individuellen Vorstellungen vom Alter(n). 

Die beiden IAT-Forscher Dr. Peter Enste und Michael Cirkel haben in der explorativen Studie erste Eindrücke gesammelt, wie das Thema Alter(n) in der Rockmusik über mehrere Epochen dargestellt und verarbeitet wird. „Altersbilder haben einen erheblichen Einfluss auf die gesellschaftliche und individuelle Wahrnehmung von älteren Menschen und prägen somit auch den Umgang mit älteren Menschen“, so Dr. Peter Enste, Direktor des Forschungsschwerpunktes Gesundheitswirtschaft und Lebensqualität am IAT. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung haben ältere Menschen heute im Durchschnitt mehr Zeit, sich persönlich weiterzuentwickeln und den Ruhestand zu erleben. Sie können in vielfältiger Weise einen wertvollen Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft leisten. Ihr finanzieller Spielraum, ihre Gesundheit, Bildung und Zeit ermöglichen es ihnen, ihre Ressourcen, Erfahrungen und Fähigkeiten für das Gemeinwohl einzusetzen. 

 „Ausgehend vom Generationenkonflikt, der durch unterschiedliche Wert- und Moralvorstellungen der Generationen geprägt ist, sind Altersbilder in der Rockmusik bis heute weitegehend negativ,“ stellt der IAT-Forscher Michael Cirkel fest. Vor allem der Aspekt, Alter als Spiegelbild von konservativen Wert- und Moralvorstellungen zu sehen, bildet das Motiv in den Anfangsjahren der Rockmusik. Getrieben durch den Generationenkonflikt, der durch das beschriebene Leitmotiv ein kritisches Verhältnis der Generationen aufwirft, können die Musik und die dazugehörigen Texte als Sprachrohr der Rebellion gegen bestehende Wertesysteme angesehen werden. Dabei wird die ältere Generation als Träger dieser Wert- und Moralvorstellungen zur Zielscheibe und zum natürlichen Feindbild. Hierbei ist anzumerken, dass die Künster:innen zu diesem Zeitpunkt selber in der Regel jung waren. Die Frage stellt sich, wie sie heutzutage über ihre Texte von damals denken.  

Das rebellische Leitmotiv wird in den 70er Jahren durch die aufkommende Punk-Bewegung noch extremer und überträgt sich in den Texten weiter auf die Außensicht auf ältere Menschen. Hier finden sich zum Teil sehr extreme bis hin zu stark beleidigenden Beispielen, wie ältere Menschen stereotypisiert werden. Dieses Leitmotiv hat sich in den Texten bis heute gehalten. Generell fällt auf, dass die Außendarstellung auf das Alter durch eine sehr defizitäre Sicht geprägt ist, die in keinerlei Weise der heutzutage vorliegenden Heterogenität des Alters entspricht.  

Einige Rockmusiker:innen widmen sich dem Thema Altern eher indirekt, indem sie musikalische Experimente mit verschiedenen Stilen und Genres unternehmen, um ihre eigene kreative Entwicklung zu erforschen. Mick Jagger von den Rolling Stones hat zum Beispiel in den letzten Jahren mit elektronischen Beats und anderen modernen Musikstilen experimentiert, um seinen Sound aufzufrischen und zu aktualisieren. Gleiches gilt für David Bowie oder Madonna. Auch schließt sich die Frage an, wie andere Musikrichtungen wie beispielsweise Schlager („Mit 66 Jahren“) oder Rap die Auseinandersetzung mit dem Thema Alter(n) textlich behandeln. 

Es bleibt die Frage, welchen Einfluss die Altersbilder auf ihre Zuhörerschaft haben und welche Konsequenzen sich daraus auf den Umgang mit älteren Menschen und die Gestaltung des eigenen Alterungsprozesses ergeben. Die Reihe von Beispielen zeigt, wie die Auseinandersetzung mit dem Alter(n) über mehrere Epochen erfolgt. Schlussfolgerung der Forscher: Es besteht weiterer Forschungsbedarf in der Rockmusik, ihren Songs und bei ihren Protagonisten!  

…und wenn sie mit 27 Jahren nicht gestorben sind, dann rocken sie vielleicht noch heute! 

> www.iat.eu

(IAT-Pressemitteilung vom 5. Juli 2023)

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