Viele Regionen mit hohen Anteilen alter Menschen profitieren seit Jahren von deren Renteneinkünften: Mit ihren Altersbezügen kurbeln die Senioren den Konsum an, die Sparquote steigt, der Arbeitsmarkt für Unterstützungs- und Pflegedienstleistungen floriert. Die Transfers aus der gesetzlichen Rentenversicherung leisten damit einen wichtigen Beitrag zur regionalen Stabilisierung. Diese gerät aber in Gefahr, wenn strukturschwache Regionen wie das Ruhrgebiet oder Gebiete in Ostdeutschland durch die allgemeine Absenkung des Rentenniveaus weiter geschwächt werden, warnt der Regionalforscher Dr. Stefan Gärtner vom Forschungsschwerpunkt Raumkapital des Instituts Arbeit und Technik (IAT / Westfälische Hochschule) mit Sitz im Wissenschaftspark. Diese Aspekte finden aber in der zurzeit im Rahmen des Armutsberichts stattfindenden Debatte keine Berücksichtigung.
Das Finanzvolumen, das zwischen den deutschen Regionen umverteilt wird, ist bei der Gesetzlichen Rentenversicherung dreimal so hoch wie beim Länderfinanzausgleich. Zu erwarten ist, dass diese Transfers zukünftig abnehmen, da es neben der allgemeinen Absenkung der Rentenbezüge auch individuelle Einbußen gibt, die gerade in Ostdeutschland durch die nicht durchgängigen Erwerbsbiographien seit der Wende erheblich sein können. Hinzukommt laut Gärtner, dass in strukturschwachen Regionen mitunter durchschnittlichen Einkommen die Möglichkeiten der privaten Vorsorge, die das Absenken der staatlichen Versicherung kompensieren sollen, ebenfalls unterdurchschnittlich sind. Die privaten Zuschüsse wirken eher als Transfers in die gutsituierten Räume. "Wenn Regionen durch das Ableben der mit relativ hohen Rentenbezügen ausgestatten Personengruppe zusätzlich in ihrer Kaufkraft geschwächt werden, ist die Gefahr von Krisenkreisläufen hoch", fürchtet der IAT-Wissenschaftler.
Gleichzeitig wird sich der Pflegebedarf in diesen Regionen stark erhöhen. Pflegeleistungen haben zwar einen hohen Stellenwert für den lokalen Arbeitsmarkt - gerade in strukturschwachen Regionen, weil dort i.d.R. mehr ältere Wohnbevölkerung anzutreffen ist und diese Regionen über eine niedrige Gesamtbeschäftigung verfügen. Die Pflegeversicherung bietet allerdings keine Vollversicherung und geht dadurch zu Lasten der Ersparnisse. Wenn diese nicht vorhanden sind und die nächsten Verwandten auch nicht in die finanzielle Verpflichtung genommen werden können, geht dies zu Lasten der kommunalen Haushalte.
(Quelle: IAT-Pressemitteilung vom 8. März 2013)
Für weitere Fragen steht Stefan Gärtner, Durchwahl: 0209/1707-164, E-Mail: <link>gaertner@iat.eu zur Verfügung.