Knapp 400 Ausbildungen und 328 Fortbildungen zur staatlich geprüften Desinfektor*in hat das RCS-Center im Wissenschaftspark Gelsenkirchen schon durchgeführt. Vor einigen Tagen wurde ein laufender Kurs aufgrund der Corona-Krise abgesagt, und das, obwohl dort genau die Menschen ausgebildet werden, die in dieser Krise stark gefragt sind. Hier ein Blitzinterview mit dem - derzeit sehr beschäftigten - Leiter des RCS-Center im Wissenschaftspark, Denis Maximilian Handke.
Herrn Handke, müssten Sie nicht gerade jetzt noch viel mehr staatlich geprüfte Desinfektor*innen ausbilden als in normalen Zeiten?
Im Prinzip ja. Aber natürlich haben wir - wie alle Weiterbildungseinrichtungen im Land - den aktuellen Kursbetrieb in der Ausbildung zum geprüften Desinfektor verschoben. Ehrlich gesagt ist das ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass alle Fachkräfte - wir selbst ja auch - im Moment sehr stark durch die Corona-Krise beansprucht sind, weil wir in der Beratung überall gebraucht werden. Nichtsdestotrotz haben wir noch mehrere Kurse für dieses Jahr im Angebot und gehen davon aus, dass diese auch stattfinden werden. Denn es ist ja richtig: der Berufstand der Desinfektor*in ist aktuell absolut gefragt. Desinfektoren, das sind genau die Menschen, die Sie im Moment ständig im Fernsehen sehen...
Was verbirgt sich hinter der Berufsbezeichnung Desinfektor?
Eigentlich werden Desinfektor*innen seit über einem Jahrhundert exakt für die Prävention von Seuchen ausgebildet, wie wir sie gerade erleben. Den Beruf gibt es seit der Choleraepidemie in Deutschland im 19ten Jahrhundert. Die Desinfektoren setzen die Theorie, etwa die aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, in die Praxis gemäß Desinfektionsschutzgesetz umsetzen. Sie müssen nach einer dreijährigen Ausbildung in der Lage sein, selbständig vor Ort zu entscheiden, welche Desinfektionsmaßnahmen bei übertragbaren Krankheiten durchgeführt werden müssen.
In Nordrhein-Westfalen ist die Ausbildung zur Desinfektor*in gesetzlich geregelt und auch Bestandteil der Ausbildung zur Hygienekontrolleur*in und Gebäudereinigungsmeister*in. Wir bilden im RCS-Center im Wissenschaftspark und in unserer Tochtergesellschaft, der Schulungszeit GmbH in München (ab Mai auch im Wissenschaftspark), und entsprechend der derzeit gültigen Verordnungen aus.
Normalweise werden die Desinfektor*innen von den Gesundheitsämtern für die Hygienekontrollen in den Städten eingesetzt. Darüber hinaus sind Desinfektor*innen in Krankenhäusern, bei den Feuerwehren, im Rettungswesen, in Alten- und Pflegeheimen tätig. Gebäudereinigungsunternehmen, die in sensiblen Bereichen - wie Krankenhäusern, aber auch Hotels, Massenunterkünften oder Justizvollzugsanstalten - arbeiten wollen, müssen entsprechende Qualifikationen nachweisen.
Neben der ursprünglichen Idee der Seuchenverhütung, die jetzt gerade wieder ganz oben auf der Agenda steht, geht es in der Ausbildung um Themen wie Mikrobiologie, Infektionslehre, Desinfektion und Sterilisation, Schädlingskunde, Arbeitssicherheit, Erstellung von Reinigungs- und Desinfektionsplänen, Abfallentsorgung und vor allem Schnittstellenmanagement bei der Umsetzung jeweiliger Rechtsvorgaben. Neben der Theorie sind auch praktische Übungen zur Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen und ein mikrobiologisches Praktikum Bestandteil der Ausbildung.
Vor einigen Jahren haben Sie im Wissenschaftspark an einem Sonntag die Schulungssituation simuliert, dass das Lassa-Fieber ausbricht. Wie gehen Sie jetzt mit der Corona-Krise um?
Aktuell sind wir vor allem damit beschäftigt, um Unternehmen bei der Anpassung ihrer Hygienepläne zu beraten. Natürlich haben jetzt die akuten Fälle Vorrang. Akut ist zum Beispiel in der Corona-Krise jetzt die Frage zu klären, was zu tun ist. wenn ein Mitarbeiter positiv getestet worden ist. Wir aktualisieren vorhandene Hygienepläne, erstellen neue und klären mit Blick auf die Örtlichkeiten konkret, was mit welchen Methoden und Desinfektionsmitteln behandelt werden muss und wie einzelne Bereiche und Mitarbeiter*innen im Unternehmen zu schützen sind. Einige unserer Kunden haben in den letzten Wochen auch schon Schlagzeilen gemacht, aber wir geben natürlich keine Namen heraus. Im Moment beraten wir in erster Linie Berufsverbände, die ihre Richtlinien überarbeiten und die Hersteller von Desinfektionsmitteln und - geräten. Wir stellen wir uns darauf ein, dass wir bald auch viele einzelne Praxen und Betriebe bei der Umsetzung von angepassten Richtlinien und der Anwendung der Mittel begleiten. Parallel sind wir deshalb dabei, uns auf die digitale Begleitung dieser Prozesse einzurichten. Darauf sollten Sie mich in zwei Monaten nochmal ansprechen, dann gibt es von uns auch wieder Neuigkeiten aus dem Wissenschaftspark.
Vielen Dank für das Blitz-Interview. Dann wollen wir Sie jetzt nicht länger von der Arbeit abhalten. Fortsetzung folgt. Bleiben Sie gesund!
Das Interview mit Denis Maximilian Handke führte Sabine von der Beck am 19. März 2020.
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