Geriatrische Versorgung digital vernetzen

IAT-Projekt zu den sozialen Aspekten hinter der Technik 

Digitalisierung spielt im Gesundheitsbereich zunehmend eine Rolle, um die professionelle Versorgung zu verbessern. Die digitalen Anwendungen müssen nicht nur technisch einwandfrei funktionieren, sondern explizit auf die Bedürfnisse der Anwenderinnen und Anwender angepasst sein, damit sie genutzt und als Hilfe eingesetzt werden können. Wie sich eine solch hohe Nutzerfreundlichkeit erreichen lässt – auch für wenig technikaffine und evtl. hochaltrige Personen – hat das im Wissenschaftspark Gelsenkirchen ansässige Institut Arbeit und Technik (IAT /Westfälische Hochschule) am Beispiel der geriatrischen Versorgung in Dortmund untersucht. 

Das Projekt „GerNe Digital!“, gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Land Nordrhein-Westfalen, verbindet sowohl die Patientenebene als auch die Ebene der professionellen Versorgung. Ein wichtiger Baustein dabei ist die ELSI Forschung zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen. „Damit wollen wir die Perspektive der unterschiedlichen Nutzergruppen - geriatrische Patientinnen und Patienten, deren Angehörige, die Ärzteschaft, das Pflegepersonal - erfassen und in die Umsetzung einbeziehen“, so IAT-Projektleiter Dr. Peter Enste. In die Untersuchung gingen die Daten von 3504 geriatrischen Fällen in Dortmund aus dem Jahr 2019 ein. Bei einem hohen durchschnittlichen Alter von 82,9 Jahren wiesen die Patientinnen und Patienten sowohl starke physische und motorische Einschränkungen wie auch kognitive Einschränkungen mit einer reduzierten Merkfähigkeit auf. 

Bei „GerNe Digital!“ werden die Krankenhausinformationssysteme der beteiligten Kliniken, die elektronische Fallakte (EFA) und eine quartiersorientierte Pflegeplattform (PIQ) zusammengeführt, um die geriatrische Versorgung sektoren‐ und akteursübergreifend digital zu vernetzen. Schnittstellenprobleme zwischen den einzelnen Bereichen – verschiedene Stationen in der Klinik, Pflegeheim, niedergelassene Ärzte, Pflegedienste bis hin zur Versorgung zu Hause – sollen so überwunden und die Kommunikation zwischen den Leistungserbringern entlang der Versorgungskette unterstützt werden.  

Der Bedarf für technische Lösungssysteme ist aus Anwendersicht eindeutig: die Überleitungsbögen insgesamt sind sehr umfangreich. Je nach ausfüllender Person und zeitlichem Druck sind die Informationen mehr oder weniger vollständig und lesbar. Die elektronische Fallakte könnte den Arbeitsaufwand erheblich reduzieren. „Allerdings stehen Einrichtungen, die noch nicht digitalisiert sind, der Digitalisierung skeptisch gegenüber, da ein Mehraufwand befürchtet wird, welcher nicht tragbar wäre,“ weiß die IAT-Forscherin Elena Cramer.   

Die pflegenden Angehörigen identifizierten einen eindeutigen Bedarf an organisatorischen Informationen. Um den Pflegeprozess unterstützen zu können, müssen sie über Fachbegriffe (wie z.B. Verhinderungspflege/ Ergänzungspflege), Rahmenbedingungen im Prozess (Ansprüche, die aus den Pflegegraden resultieren), Möglichkeiten der Unterstützung (Versorgungsleistungen, Einkaufen), Anträge auf Hilfsmittel, Unterstützung im Prozess des Entlassmanagements und hinsichtlich der zu erwartenden eigenen psychischen Belastung aufgeklärt und informiert werden. Die Pflegeplattform PIQ soll künftig diese organisatorischen Aspekte in einem begleitenden Informationsbereich den pflegenden Angehörigen zur Verfügung zu stellen und sie dadurch unterstützen. Eine mögliche Idee wäre ein Leitfaden entlang des gesamten Pflegeprozesses, um organisatorische Themen und Fragen kontinuierlich abzudecken. 

Weitere Informationen: https://www.iat.eu/media/forschung_aktuell_2021-05.pdf  

(Quelle: Pressemeldung IAT vom 10. Mai 2021)

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